Der zweite Teil zum Herbert von Karajan Young Conductors Award bei den Salzburger Festspielen. Die drei Finalisten dirigieren ihr eigenes Konzert mit ihrem eigenen Programm bei den Festspielen. Musica begleitet sie bei den Vorbereitungen und der Aufregung vor dem großen Finale.
Drei junge, talentierte Dirigenten treten in einem einzigartigen Wettbewerb gegeneinander an: Der Herbert von Karajan Young Conductors Award. Der Österreicher Tobias Wögerer, der Südkoreaner Hankyeol Yoon und der Weißrusse Vitali Alekseenokhaben es ins Finale geschafft.
Wer wird diesen prestigeträchtigen Preis mit nach Hause nehmen? Musica begleitet die Vorbereitungen und die Aufregung vor dem Finale.
Herbert von Karajan Young Conductors Award – zweiter Teil
Tobias Wögerer ist mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit an der Wiener Volksoper, wo er "conductor in residence" ist. Jede freie Minute verbringt der junge Österreicher mit der Vorbereitung auf den wichtigsten Moment seiner Karriere: Das Finale des renommierten Dirigentenwettbewerbs.
"90 % von der Arbeit und von der Vorbereitung beim Dirigieren ist halt selbst im Kämmerlein, im Zimmer, am Schreibtisch ganz viel über Werke lesen, nachdenken, ausprobieren", erzählt er. "Aber vor allem muss man wirklich genau überlegen, wie möchte man das haben, dass man wirklich versucht, das zu visualisieren.“
Mehr als 300 junge Talente aus der ganzen Welt bewarben sich für den Wettbewerb, aber nur drei schafften es in die Endrunde: Tobias Wögerer, Vitali Alekseenok und Hankyeol Yoon.
Musiker inspirieren und mit ihnen zu kommunizieren
Der südkoreanische Dirigent Hankyeol Yoon ist ein vielseitiger Künstler, der auch als Komponist tätig ist.
"Die Musiker zu inspirieren und mit denen zu kommunizieren: Ich glaube, das war und ist immer noch das größte Ziel für mich", meint er. "Und das genieße ich auch am meisten. Ich glaube, Flexibilität ist ganz wichtig. Und einfach die Atmosphäre zu verstehen und dann anzubieten, damit die Musiker dann lange frisch bleiben können."
Jury-Vorsitzender Manfred Honeck erklärt: "Die Technik ist enorm wichtig, aber auch das Vermögen, 100 Musiker, die für dich spielen, zu motivieren und zu begeistern. Wir dürfen auch nicht vergessen, wir können während dem Konzert ja nicht sprechen. Machen sie das so oder so, und ich kann ja nicht wie ein Fußballtrainer in ein Fußballfeld hinein schreien oder so, alles passiert im Stillen, man ist auf die Hände und auf die Gestik und auf die Körpersprache angewiesen."
Vor den Finalisten liegt eine anspruchsvolle Woche. Jeder von ihnen darf sein ganz eigenes Konzert dirigieren. Begleitet werden die Kandidaten von der Camerata Salzburg.
Die Erwartungen der Musiker sind hoch: "Oh da ist schon einiges, was ich mir wünsche. Also erstens mal ein Konzept. Eine Vision für das, was man machen möchte. Vertrauen ins Orchester. Es ist ein Austausch und das schätze ich schon sehr", erzählt Flötistin Wally Hase.
Violonistin Kana Matsui fügt hinzu: "Für mich ist auch Vertrauen das Wort. Es ist eine sehr wichtige Sache, weil das Orchester klingt anders. Ein einziger Mensch kann die ganze gesamte Klangfarbe total ändern. Und das finde ich faszinierend."
Kühne Konzepte
Der weißrussische Dirigent Vitali Alekseenok hat ein kühnes Konzept gewählt: Er lässt Beethovens 2. Sinfonie mit einem Stück des ukrainischen Komponisten Walentin Silwestrow verschmelzen.
"Zwischen den Sätzen von Beethoven kommt die stille Musik von Silwestrow. Und das ist für mich wie eine Vertonung der Stille", erklärt Vitali Alekseenok. "Zum Beispiel der erste Satz von Silwestrow endet eigentlich sehr leise. Dann wird es wirklich zu nichts. Und dann plötzlich kommt Beethoven… Die Spannung von Silwestrow bereitet schon den Beethoven vor, als würden die beiden sich schon irgendwo getroffen haben."
Weiter erzählt er: "Silwestrow ist natürlich ein sehr berühmter Komponist, gerade in der Ukraine, in Osteuropa. Kennengelernt habe ich ihn an der ukrainisch-polnischen Grenze als ich ihn dort als Chauffeur während seiner Flucht zu Beginn des Krieges abgeholt habe."
Der Wettbewerb trägt den Namen einer Ikone: Herbert von Karajan
Im Karajan-Institut wird sein Erbe bewahrt, und die Finalisten erhalten die einzigartige Gelegenheit, tiefer in die Welt des visionären Komponisten einzutauchen.
"Wir haben hier im Karajan-Archiv jede Menge Originalmaterialien, Korrespondenz, Bücher, seine Studien-Partituren", so Matthias Röder, Managing Director des Karajan-Instituts. "Was man hier sieht, ist die Dirigier-Partitur von Boris Godunow. Also es ist ein wirklich sehr bedeutendes Dokument, weil es eben diese jahrzehntelange Befassung mit diesem Werk dokumentiert."
In die Zukunft blickend sagt Matthias Röder: "Für die neue Generation würde Herbert von Karajan empfehlen, immer wieder über das hinauszugehen, was sie schon kennen. Neues lernen im Bereich der Innovation. Das hat ihn sein Leben lang befasst und beflügelt."
Außergewöhnlicher Startpunkt
Der Herbert von Karajan Young Conductors Award öffnet den Gewinnern die Türen zu einer spannenden Karriere: Einer von ihnen ist Maxime Pascal. Der französische Dirigent gewann den Preis 2014. Er erinnert sich: _"_Es ist ein Traum, der in Erfüllung geht. Ich hatte großes Glück, diesen Wettbewerb zu gewinnen, denn es war ein außergewöhnlicher Startpunkt."
Er ist der erste Preisträger, der eine Opernproduktion bei den Salzburger Festspielen dirigiert - mit den Wiener Philharmonikern im Orchestergraben.
"Nach dem Wettbewerb wurde ich sehr schnell eingeladen, Orchester in der ganzen Welt zu dirigieren, auch bei Festivals, in Opernhäusern", so Maxime Pasal. "Das war natürlich ein unglaubliches Sprungbrett."
Das Finale ist da!
Die drei jungen Dirigenten werden im Rahmen des "Award Concert Weekends" ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen geben.
Jury-Mitglied Alexander Meraviglia-Crivelli: "Für uns alle in der Jury ist es sehr wichtig, dass man das Gefühl hat, dass es um die Musik geht und nicht darum, ein Publikum oder noch schlimmer eine Jury zu beeindrucken, sondern darum, Musik zu machen."
Sein Kollege Brian McMaster ergänzt: "Man beurteiltnaheliegende Dinge, die Technik, die Musikalität, Persönlichkeit und Charisma."
Der Gewinner des Karajan Young Contact Award ist Hankyeol Yoon.
Monate intensiver Vorbereitung gingen zu Ende. Für alle drei war die Teilnahme am Herbert von Karajan Young Conductors Award eine einmalige Erfahrung.